Über Höchstleistungen

Über Höchstleistungen

Sie erinnern sich; - da steckt man sich eine Zigarette an und begegnet vorwurfsvollen Blicken.
„Muss das denn sein, ich habe dieses Laster auch mal gehabt und habe über Nacht aufgehört, usw.
Soll ja sein, aber es war ja mit dem Aufhören allein bei dem anderen nicht getan, also: eben mal
beschließen, dass Rauchen schädlich ist und langsam daran arbeiten, von dieser Unart zu lassen.
Nöööö, da wurden täglich 6 – 7 Schachtel geraucht und wenn gesoffen wurde, 13-14 Schachteln
niedergemacht. Klar, dass man davon mal 1-2 Kippen ausgegeben hat, aber ansonsten….
Nun isses ja schon eine gehörige Leistung, mit dem Rauchen aufzuhören, aber wenn wir dann
mal einen frischen Nichtraucher erwischt haben, hat er vorher täglich 10-20 000 Zigaretten am
Vormittag und am Nachmittag bis inne Nacht, noch mal so viel und etwas mehr geraucht, bevor er
von einer Stunde (was sage ich von einer Sekunde) zur anderen aufgehört hat. Ooooooh, bitte.
Oder da wurde jemand vom Bus erfasst und vom Hals abwärts gelähmt. Aber er hat nicht aufgegeben.
Durch viel Fleiß und hartem Training gelang es ihm, die Lähmung zu überwinden. Nu isser Weltmeister
im Ausdruckstanz. Jaaaaaa, sicher. Oder noch`n Zacken schärfer. Da gab es einen Sänger, der hat mal
1-2 Lieder gesungen – naja, mehr gequiekt, so Mezzo – Sopran und nachdem er nach einem
Kehlkopfdurchschuss nur noch singen konnte wie Tom Waits, hat er doch noch in einer Combackshow
seine alten Lieder singen können, mit 78 und mit der vertrauten Stimmlage, weil er nicht aufgegeben und
für seine Fans geübt hat.
Da war einer im Kinderhort, der hat immer allen das Essengeld aus den Brottaschen geklaut. In der Schule
genau dasselbe, - hat die Kinder die ihm das nachweisen konnten, nach Strich und Faden verprügelt.
Dann hat er die Schule geschwänzt und was weiß ich noch alles. Plötzlich kam die Wende in seinem Leben.
Er benahm sich höflich, kam jetzt öfter zur Schule und klaute nicht mehr. Wees nich warum, - vielleicht
wollte er bloß in die 7. Klasse versetzt werden, aber es genügte, dass die Lehrer voll des Lobes über ihn waren.
Ich beobachtete das alles und mein Gerechtigkeitssinn bekam einen Knacks.
Da lebt man in einer großen Gemeinschaft und weiß sich zu benehmen. Beklaut keinen, betrügt keinen.
Und da ist der Typ, der nur Scheiße baut, der in den Himmel gehoben wird, weil er eine Woche mal keinen
beklaut, betrogen oder verprügelt hat. Und ich seh die Leute durch die Strassen tanzen und Bottons tragen,
mit der Aufschrift: "Alfred klaut nicht mehr, Alfred ist wieder lieb und Alfred lernt jetzt was!"
Zu Beginn der ersten Stunde müssen wir eine Hymne auf den endlich bekehrten Jungen singen, der einen
Leistungssprung von der Note 5 in Betragen zur 3 gemacht hat. Nur eine Stimme ist nicht zu hören: die von
Alfred, - der steht vor uns und dirigiert uns sehr freundlich!
Was will ich sagen: da dreht es sich in dieser Welt immer nur um Superlative, und der kleine Mann,
der unscheinbare, erlebt nie, wie wichtig er ist, weil alle sich mit ihm und sein Verhalten abgefunden haben.
Keiner sagt ihm, dass man ihn braucht, als Pendant zu den anderen größenwahnsinnigen Arschlöchern.
Und da sind die Zeitgenossen, die irgendwie Großes vollbracht haben in ihrer Selbstdisziplin, aber darauf
aufmerksam geworden, immer noch "einen drauflegen" müssen, als ob die Leistung nicht schon hoch genug
gewürdigt wurde.
Ein Angler (Einzelbeispiel, ich bestehe als Angler darauf), der einen Zander von 98 cm gefangen hat, spricht
von seinem Spitzenfang nach 3-4 Wochen schon von einem Fang von 102 cm. (Sind schon Grenzwerte)
Ein Zander von 98 cm ist enorm, - nee noch een druff!
Von einer 5 in Betragen auf eine 4 oder gar 3 zu kommen, ist für alle ein Sprung, der allerhöchste Beachtung findet!
Die anderen lieben Kinderlein mit 1 und 2 in Betragen, sind des Erwähnens nicht wert!

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