Cappuccino extra

17. Januar 2015 ·

Cappuccino extra
Rubrik: Was ist denn heut mit Deutschland los

In einer kleinen Stadt (die ich hier aus rechtlichen Gründen nicht nennen will), in der Nähe von Gnatzendorf, steht nicht nur seit geraumer Zeit der Magdeburger Dom, sondern auch eine Klinik.
In dieser Uniklinik befindet sich eine Cafeteria. Die verkaufen Kaffee und so Sachen, von einer großen Kaffeefirma, die ich hier auch nicht nennen darf, aber wir kennen sie alle aus der Werbung.
(Damals mit dem „Tschibo – Onkel“ – erinnern`se sich? Da spielten wir noch Fußball mit Holzbällen.)
Da ich dort als Patient öfter mal zu tun hatte - mal`n Magendurchbruch, mal `ne Blinddarmtransplantation oder paar
Beipässe, kam ich an dieser Cafeteria nicht vorbei und plante den Konsum meiner Heißgetränke. In dieser Oase der Beschaulichkeit, mit ihrer anheimelnden Atmosphäre, störten mich weder Mitarbeiter dieses Geldinstitutes, noch aufregend viel andere Gäste. So konnte ich in Ruhe das Heißgetränkeangebot vom Heißgetränkeautomaten studieren und entschloss mich, auf den Knopf für Cappuccino zu drücken. Schildchen stand da noch: bei Cappuccino keinen Becher drunter stellen.
Aber der Strahl ging durch das Sieb darunter, so dass ich doch einen Becher darunterstellen musste. Bloß gut, dass vorher etwas daneben lief, denn sonst wäre der Becher sicher übergelaufen, weil ich 2x gedrückt hatte.
Auf dem Weg zur Kasse bemerkte ich, wie ein neongrünes Licht meinen Körper umringte und langsam abwärts kroch.
Genauso langsam rollte das Rollo vor dem Tresen herunter.
Ich war allein. Nicht ganz, denn eine ganz kleine Klappe in der Wand zeigte hinter dickem Glas, bestimmt war es schusssicher, ein Gesicht.
„DreiEurofuffzich!“ sprach das Gesicht über Lautsprecher.
Ich hatte noch nie etwas gewonnen! Der wievielte Besucher mochte ich gewesen sein? Als ich mich freudig umsah,
um zu sehen, wer mir den Preis und den Blumenstrauß überreicht, sah ich elf unauffällige Sicherheitsleute, die sich interessiert die Geschenkartikelregale ansahen.
„Dreieurofuffzich, bittäää!“ Die Stimme im Aquarium. „Haltense hier manich den Laden uff und bezahlnse endlich!“sagte einer der Securityleute.
„Und ich dachte... Nee, is klar, wieviel?“ „Dreifuffzüsch!!!!“ „Für een Becher?“ Ich war erbost. „Sie ham zweima jedrückt, -
alles uffjezeichnet!“, gluckerte es aus dem Fischglas.
Ich zahlte, nahm meinen Pappbecher und schlich mich raus. Als ich draußen war, ging das Rollo hoch und die Musik lief wieder an, wie eine Schallplatte, als mal kurz der Strom ausfiel.
Der Capuccino war kalt, aber bei dem Preis dachte ich nicht an einen Verwurf.
Zu Hause erzählte ich Joseph von dem Ereignis. Joseph ist ein alter Mann mit weißem Bart und der sitzt immer im Wald auf einem bemoosten Stein.
Er erklärte mir, dass der grüne Streifen ein Scanner war und ich nach Faustfeuerwaffen gescannt wurde.
Das Rollo ging aus Sicherheitsgründen runter, denn wer gleich zwei Capuccino für Einsfünfundsiebzig kauft, könnte nach der Preisofferte taktisch unüberlegt handeln und Mensch und Mobiliar bedrohen. Ganz normale Sicherheitsvorkehrungen, schließlich war ich ja allein in der „Kneipe“ und nur Bekloppte, oder Unwissende, nehmen Cappuccino für diesen Preis und dann gleich zwei...
Ich war gewarnt! Einsfünfundsiebzig für einen halben Becher, mit heißem Wasser aufgegossenen Irgendwasextrakt!
Aber ich musste wieder hin. Mit der ganzen Familie! Schönkapputschinotrinken! Ich verkaufte meine rechte Niere –
die linke hatte ich schon gegen einmal Volltanken getauscht – und stellte meine Pläne für das restliche Leben um.
Alle paar Wochen für einige Stunden zur Dialyse, müssen mir die Getränke doch wert sein! Kann mir ja was zum Lesen mitnehmen.
Sechs halbe Becher braune Sauce. Meine Schwiegermutter schnellte aus dem Sessel, als sie den Preis erfuhr.
„Da kriejischja ne neue Niere für!“, tobte sie und lies sich am Tresen beraten. Jaaa, sachte die anne Kasse, wir müssen ja auch die Löhne erwirtschaften und das Mobiliar ist so teuer und dann die schöne Gegend, dazu braucht man auch Landschaftsgärtner und Strom, usw.
Mama brüllte zurück, dass sie gar nicht wusste, dass disser Laden ooch das Hundertwasserhaus bezahlen muss,
weil es so schön inne Nähe liecht, für zum Kieken inne Pause und dasse aus Gnatz, bei dem Preis die Pappbecher
mit nach Hause nimmt! So resolut isse, dat Mechen!
Und ich hab noch schnell einen Becher vom Nachbartisch geklaut. Ich hab`s aber auch faustdick...

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